Neue Vorsätze? Nein, danke!

Ehrlich gesagt habe ich noch nie verstanden, warum jeweils pünktlich zum 1. Januar ein neues Leben starten soll. Ich befinde mich in der Zeit “zwischen den Jahren” im Winterschlaf und will einfach nur meine Ruhe und keinen schwungvollen Neustart. Der kann von mir aus bis im Frühjahr warten.

Deswegen nehme ich mir auch schon seit langem zum Jahreswechsel nichts mehr vor. Das einzige, was ich tatsächlich versuchen werde in diesem neuen Jahr ist: weniger zu tun. Und das wird schwierig genug. Und damit bin ich beim Thema angelangt, das mir am Herzen liegt: der gefühlte Widerspruch von linearer und zyklischer Zeit.

Zyklisch gesehen sind wir mitten im Winter. Draussen ist es eiskalt, in der Natur blüht nichts, die meisten Tiere bleiben in ihren Höhlen. Alle Zeichen stehen auf Rückzug. Aber in der linearen Zeitrechnung beginnt ein neues Jahr und bevor man sich auch nur ansatzweise von der vorweihnachtlichen Hektik erholt hat, fängt das neue Jahr an und damit ein fulminanter Neustart - so wird es zumindest gerne verkündet. Für mich fühlt sich das einfach falsch an. Für mich beginnt zyklisch gesehen das neue Jahr im Frühling, dann empfinde ich mein Energielevel und meine Umgebung tatsächlich als erfrischt und bereit für neues Leben und Wachstum.

Linearität und Zyklizität sind die wesentlichen Quellen zur Strukturierung und Gestaltung der Zeit, aber in unserer Kultur wird das Prinzip der linearen Zeit privilegiert und zyklische Organisationsformen untergeordnet. Als Frau mit einem monatlichen Zyklus ist mein Körper auch nicht jeden Tag zwischen neun und fünf Uhr im gleichen Zustand, meine Ruhebedürfnis manchmal grösser und meine Belastbarkeit durchaus variabel. Das passt aber nicht in die Logik einer kapitalistischen Ökonomie. Auch kleine Kinder stören diese übrigens. Warum wohl ist der Spagat für berufstätige Mütter in unserer Arbeitswelt so anstrengend?

Jenseits von “lean in”, dem von Sheryl Sandberg propagierten weiblichen Weg zum Erfolg (definiert als Erreichen von hierarchischen Führungspositionen in grossen Organisationen in Kombination mit Mutterschaft) ist aus meiner Sicht weibliche Führungsqualität gerade nicht in Anpassung an lineare Arbeitsweisen bis zur Erschöpfung zu suchen, sondern in einem konsequenten Umdenken hin zu zyklischem Arbeiten. Einen Weg dahin zeigt Kate Northrup in ihrem Buch “do less”.

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Dauernd müde?

Wie wärs mal mit Ausruhen…

Das ist nun gleichzeitig auch mein einziger Vorsatz für dieses Jahr. Und die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass es mir gut geht, mein eigenes Wohlbefinden gegenüber der Erfüllung meiner Pflichten zu priorisieren, für mich im wahrsten Sinne des Wortes: Leadership. Denn wenn mir das selbst erlaube, erlaube ich es auch anderen und nur so können Strukturen langsam aber sicher verändert werden.

P.S. Wenn du so richtig ins zyklische Leben einsteigen willst, dann empfehle ich dir wärmstens den online-Kurs Mondzeit - mein Zyklus, mein Kompass von Josianne (Werbung ohne Auftrag - von Herzen gern geteilt).

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Mai 2020 - “unmute yourself”