April 2020 - sieben Wochen Corontäne

Wiesenschaumkraut im Sonnenuntergang, April 2020, Photo by Raffaela Gerhartl

Wiesenschaumkraut im Sonnenuntergang, April 2020, Photo by Raffaela Gerhartl

Mein Zeitgefühl ist im Moment ziemlich paradox. Einerseits scheint die Zeit stillzustehen und andererseits zu rasen. Ich kann kaum glauben, dass der Ausnahmezustand nun schon sieben Wochen andauert und gleichzeitig kommt es mir vor, als dauere der Lockdown bereits eine Ewigkeit. Der Monat April ist nun also vollständig im Zeichen der Corona-Krise vorübergegangen. Zeit für ein Zwischenfazit.

April, April

Nach Aprilscherzen war es mir dieses Jahr irgendwie nicht wirklich zumute. Ich muss zugeben, dass irgendwo im Hinterkopf der Wunsch lauerte, das ganze absurde Theater, das im Moment überall aufgeführt wird, sei der Scherz, aber Scherz beiseite. Es ist weiterhin herausfordernd, diesen weltweiten Zustand des Nicht-wirklich-Wissens auszuhalten und es kursieren weiterhin ziemlich viele Meinungen, wobei die wenigsten wirklich eine Ahnung haben. Der April macht, was er will und das Virus ebenso. Mit das Beste, was ich diesen Monat zu der ganzen Geschichte gelesen habe, ist ein Essay von Charles Eisenstein, den ich unter meinem Eintrag verlinke, meine persönliche und nachdrückliche Leseempfehlung, ohne Scherz.

Ostern Allein Zuhaus

Ostern war für mich immer ein Familienfest. Ich bin in einer Grossfamilie aufgewachsen und an Ostern kamen mit den zahlreichen Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen immer richtig viele Leute zusammen. Dieses Jahr war ich fast die ganze Zeit allein, da mein Sohn bei seinem Vater war. Einerseits habe ich die Zeit und Ruhe für mich genossen, aber freiwillig ausgesucht hatte ich mir das ja nicht. Dafür habe ich das erste Mal in meinem Leben selber Paska gemacht. Eine Quarkspeise, mit deren Vorbereitung man Karfreitag beginnen sollte, was ich dann beim Studieren des Rezeptes am Samstag festgestellt habe. Daher bin ich von der familiären Tradition leicht abgewichen und es gab die Paska erst am Ostermontag. Es war ohnehin ein kleines Abenteuer, aber es hat sich gelohnt, meinem inneren kleinen Mädchen diese Freude zu machen.

Falls du jetzt Lust hast, nächstes Jahr auch mal Paska zu machen, hier das Rezept, so wie ich es gemacht habe (traditionell ist es etwas anders, wie du in den Fotos angucken kannst).

Paska

Paska

für 2-3 Personen - oder 1 Person an zwei Tagen :-)

500 g Quark (10%)

100 g Zucker (Kokosblütenzucker)

100 g Butter (oder halb Butter, halb Crème fraiche)

50 g gehackte Mandeln

50 g Zitronat

1 Stange Vanille

Halbes Päckchen Vanillezucker

Karfreitag anfangen: Den Quark über Nacht in einem Mulltuch auspressen (er muss richtig trocken sein). Am besten über eine Schüssel hängen, so dass die abtropfende Molke aufgefangen wird. Am Samstagabend vor Ostern alle Zutaten vermischen und in einen mit einem sauberen Mulltuch ausgelegten Blumentopf füllen. Teller drauf oder eventuell auch einen Stein, um Druck auf die Masse zu bringen. Über Nacht in den Kühlschrank stellen. Am nächsten Morgen vorsichtig aus dem Blumentopf stürzen, mit Schokosplittern verzieren und geniessen.

Gut zu Fuss

Wenn du meinen März-Rückblick gelesen hast, weisst du ja, dass ich mir den Fuss verstaucht und einen Bänderriss zugezogen habe. Das hat mich diesen Monat zusätzlich lahmgelegt. Es heilt langsam, aber die ersten beiden Wochen waren nicht gerade leichtfüssig. Die vorübergehende Immobilität hat mich auf dem Sofa liegend zu Reisen ins Universum animiert und ich habe angefangen, das wunderbare Buch Black Hole Blues von Janna Levin zu lesen. Eigentlich ein Sachbuch, liest es sich wie ein Roman und Naturwissenschaft klingt wie Poesie. Wenn ich das lese, träume ich davon, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich Astrophysik studiert hätte und ziehe kurz eine neue Karriere in Erwägung, aber das fällt dann wohl doch eher in die Kategorie Aprilscherz. Zumindest lenkt mich die Lektüre wunderbar von Corona ab.

 
Black Hole Blues.png
 

Mittlerweile kann ich dank Schiene am Fuss wieder ganz gut laufen und habe auch schon wieder ausgedehnte Spaziergänge unternommen.

Nix wie raus…

Das Wichtigste diesen Monat? Einfach raus! Das Wetter war ja fast die ganze Zeit megaschön. Ein Glück, sonst wäre uns noch die Decke auf den Kopf gefallen. Manchmal ist sie das trotzdem. Aber insgesamt haben wir uns auch daran gewöhnt, die Tage in unserem eigenen Rhythmus zu gestalten. Die Natur hat auf jeden Fall etwas Tröstendes. Das schönste Erlebnis war der Vogelmorgen im Wald. Normalerweise wäre das ein Event mit allen Kindern und Eltern vom Waldkindergarten gewesen. Da das dieses Jahr nicht stattfinden konnte, bin ich mit meinem Sohn allein um halb fünf aufgestanden, zum Waldrand gelaufen, im Schlafsack auf eine Bank gekuschelt, den Vögeln beim immer lauter werdenden Zwitschern zugehört, die Sonne über St. Gallen aufgehen sehen und dazu Kakao aus einer Thermosflasche getrunken. Unbezahlbar. auch wenn wir den Rest des Tages ziemlich müde waren. Definitiv zum Nachmachen empfohlen!

Macht der Mai alles neu?

Das wage ich zu bezweifeln, aber immerhin wird am 11. Mai der Kindergarten wieder geöffnet. Der Alltag wird dann wieder ein bisschen anders aussehen, wobei ich wahrscheinlich noch länger im Homeoffice arbeiten werde. Ich hoffe einfach, wir müssen nicht demnächst alle verpflichtend mit Masken durch die Gegend rennen.

Und ansonsten? Ich habe mich langsam an das Schneckentempo gewöhnt und finde es eigentlich gut. Es stimmt nämlich gar nicht, dass die Schnecke nicht vorwärts kommt. Die hat sich ganz von selbst mitten auf den Kieselweg bewegt, die kleine Draufgängerin - ist sie nicht hübsch?

 
Photo by Sophie Rudolph

Photo by Sophie Rudolph

 

P.S. Hier noch der versprochene Link zu dem Essay “The Coronation” von Charles Eisenstein. Es gibt auch eine deutsche Übersetzung.

P.P.S. Take care! Und ich bin gerne für dich da, wenn du jemand brauchst, der dir einfach mal zuhört. Kontaktiere mich hier für ein 20-minütiges Impuls-Coaching. Kostenlos, aber sicher nicht umsonst!

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